Korruption im Seifenbad

Der Revisor im Großen Haus

Heiner Junghans als Ossip (Foto: Nico Manger)


















Mutter Anna und Tochter Marja sind der Hysterie nahe, denn sie haben nicht den blassesten Schimmer, was sie anziehen sollen. Bobtschinsky und Dobtschinsky, zwei Speichel spuckende Männer in Karoanzügen, streiten sich darum, wer das Neueste berichten darf und auch der Rest des Städtchens gerät in Aufruhr, als bekannt wird, dass ein Revisor aus Moskau eintreffen wird, um nach dem Rechten zu sehen. Inkognito versteht sich.

Eine Kritik von Karin Nikolaus

Der Revisor, der gerade am Mainfranken Theater in einer Inszenierung von Stephan Suschke zu sehen ist, spielt auf einer Bühne, die einem mit Schaum gefüllten Pool gleicht. In diesem Pool befinden sich Holzplanken, den Hintergrund bildet eine grau-braune Wand, die mit einigen Türen versehen ist. Für dieses Bühnenbild ist Momme Röhrbein verantwortlich, um die Kostüme hat sich Angelika Rieck gekümmert und dabei genau den richtigen Stil getroffen. Die Kleidung der Bewohner des Städtchens spiegelt die Stimmung der ganzen Inszenierung wider: gewollt lächerlich und noch gewollter übertrieben. Die Schauspielerinnen tragen sowohl Glitzerkleider als auch Leopardenmuster, am schrillsten sind die Schuhe.

Nikolaj Gogol hat die Verwechslungskomödie Der Revisor 1835 geschrieben, 1836 wurde sie veröffentlicht und gehört heute zu den meist gespielten Theaterstücken. Gogol macht sich darin über die korrupte Gesellschaft Russlands lustig, über eine Obrigkeit, der das Schicksal des Volkes egal ist und die nur ihren eigenen Luxus leben und diesen ungestört genießen will.

Chlestakow legt die Betrüger herein. (Foto: Nico Manger)
Ein Revisor, der in dem Städtchen nach Ordnung sehen soll, passt dem Stadthauptmann, gespielt von Georg Zeies, gar nicht, denn er und seine Freunde stehen genau für diese verschwenderische Obrigkeit und es gibt so einiges, das sie verbergen wollen. Also versuchen sie, den Revisor zu bestechen oder, besser gesagt, den Mann, den sie für den Revisor halten: Chlestakow (Daniel Ratthei) ist mit seinem Gehilfen Ossip (Heiner Junghans) eigentlich auf der Durchreise zu seinem Vater, lässt sich aber Zeit, da er auf diesen Besuch keine Lust hat. Allerdings geht ihm das Geld aus und er ist nicht mehr in der Lage, für das Zimmer und die Mahlzeiten zu zahlen. Als der Stadthauptmann kommt, der gehört hat, dass Chlestakow wahrscheinlich der inkognito reisende Revisor ist, denkt der junge Mann, er werde jetzt festgenommen und ist umso erstaunter, als der Stadthauptmann ihn zu sich nach Hause einlädt. Vorher zeigt ihm sein Gastgeber aber noch die Stadt und füllt ihn so richtig ab, er soll ja keinen Grund zum Klagen haben. Als er anfängt, von seinen tollen Beziehungen in Moskau zu prahlen, sind sich alle sicher, dass er der Revisor sein muss, sodass am nächsten Morgen das halbe Städtchen vorbeikommt, um ihn zu bestechen, was er natürlich voll ausnutzt. Auch fängt er sowohl mit der Frau (Petra Hartung) als auch mit der Tochter (Theresa Palfi) des Stadthauptmanns etwas an und verlobt sich mit letzterer sogar. Kurz darauf verschwindet er, nicht ohne einen Brief an seinen Freund aufzugeben, in dem er ihm die ganze Geschichte erzählt und sich über seine Gastgeber lustig macht. Diese öffnen den Brief und einer liest ihn für alle vor. Das Entsetzen ist groß und als auch noch die Nachricht kommt, der echte Revisor sei eingetroffen, scheinen alle Seifenblasen im Pool auf einmal zu zerplatzen.

Die Inszenierung hat den Namen Komödie eindeutig verdient und die Zuschauer amüsierten sich sichtlich. Allerdings waren einige Plätze nach der Pause nicht mehr besetzt, die gewollte Übertreibung hat anscheinend nicht allen gefallen. Tatsächlich hat ein klarer Handlungsstrang gefehlt und die ständigen Ohnmachten wurden auch irgendwann zu viel. Drei Themen waren aber klar erkennbar und haben sich durch die ganze Inszenierung gezogen: Geld, Sex bzw. Frauen und Moskau. Geld als das einzige, das wirklich zählt, Sex als Zeichen für den dekadenten Lebensstil und die Ausnutzung der Macht und Moskau als die Sehnsucht nach der Großstadt in der Provinz.

Wenn man also gerne lacht, sollte man sich den Revisor auf jeden Fall ansehen, bleibt man allerdings lieber auf dem Boden der Tatsachen und erwartet das auch von anderen, eher nicht.

Besuchte Vorstellung: 28. Oktober 2015 
Weitere Termine: 22. November, 15 Uhr | 18. und 26. Dezember, 3. Januar, jeweils 19.30 Uhr

Mehr zum Stück auf der Seite des Mainfranken Theaters.

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