Der tödliche Traum

Zum letzten Mal: Tod eines Handlungsreisenden im Großen Haus
Theresa Palfi als personifizierter American Dream. (Foto: Falk von Traubenberg)



























Das Schauspiel Tod eines Handlungsreisenden von Arthur Miller, das im Moment am Mainfranken Theater Würzburg in einer Inszenierung von Katrin Plötner gespielt wird, ist eine sehenswerte Tragödie, da sie zum Nachdenken über die Werte unserer Gesellschaft anregt. Am Samstag ist das Stück zum letzten Mal zu sehen.

Eine Kritik von Karin Nikolaus

„Wie hast du's gemacht? Wie heißt die Lösung?“ Das fragt Willy Loman, ein gescheiterter Handlungsreisender, seinen toten Bruder Ben, der den American Dream, der für Willy nur ein Traum bleiben wird, für sich verwirklicht hat. Ben wirft mit Glitzer. Er wirft auch mit Glitzer, während Willys Frau Linda ihre beiden Söhne über die seelische Verfassung ihres Vaters aufklärt.

Glitzer, ist das die Lösung? Die Lösung, um den American Dream, um den es im Stück Tod eines Handlungsreisenden geht, zu verwirklichen? In dieser Tragödie von Arthur Miller, die gerade im Mainfranken Theater in einer Inszenierung von Katrin Plötner zu sehen ist, spielen die Vorstellung dieses Traums und seine zum Teil tödlichen Folgen eine große Rolle.

Für Willy Loman und den größeren Teil seiner amerikanischen Mitmenschen bedeutet er, dass jeder reich werden kann, der es nur verbissen genug versucht. Alle, die es nicht schaffen, haben das also auf ihr eigenes Versagen zurückzuführen. So gesehen ist Willy ein Versager, denn nach dreißig Jahren als Handlungsreisender hat er es immer noch nicht sehr weit gebracht. Er wird sogar entlassen, da sein Beruf ihn so ausgelaugt hat, dass er nicht mehr imstande ist, viele Kilometer durch die Gegend zu fahren. Er flüchtet sich immer weiter in seine nicht vorhandene glorreiche Vergangenheit und spricht mit dem Geist seines Bruders, der es schon in jungen Jahren zu Reichtum gebracht hat. Seine zwei Söhne sind ihm dabei auch kein Trost, der jüngere, Happy, beschäftigt sich am liebsten mit Frauen und der ältere, Biff, verdient als Gelegenheitsarbeiter sein Geld. Trotzdem ist Willy davon überzeugt, dass er es weit bringen könnte, doch Biff weiß genau, dass das nur Illusion ist. Als er seinem Vater mitteilt, dass keiner von ihnen je groß werden wird, bringt Willy sich um, um wenigstens für etwas gut gewesen zu sein: Seine Familie erhält eine hohe Summe von der Versicherung.

Foto: Falk von Traubenberg
In dieser Inszenierung zeigt sich sehr gut, was für fatale Auswirkungen der Sozialdarwinismus, der Darwins Theorie vom Überleben des Stärkeren auf die menschliche Gesellschaft überträgt, auf das Leben einzelner Menschen haben kann. Dazu passt vor allem das Bühnenbild von Anneliese Neudecker, das von Anfang an eine Atmosphäre der Zerstörung hervorruft: Über die ganze Bühne sind Bretter verstreut, in der Mitte liegt ein in mehrere Teile zerlegter ausgerissener Baum. Auch die Kostüme von Johanna Hlawica sind sehr passend und auf die Figuren zugeschnitten. So trägt Happy, der eigentlich nichts anderes als ein Macho und Schleimer ist, einen hellrosa Anzug. Er stellt sich auf die Seite seines Vaters und gegen Biff und wird von Sven Mattke sehr überzeugend gespielt. Die Mutter, gespielt von Christina Motsch, trägt ein eher unscheinbares Kleid, was ihre Rolle als unterwürfige Ehefrau unterstreicht. Auch Maik Rogge als Biff und Theresa Palfi, die gleich drei Figuren verkörpert, unter anderem Onkel Ben, stellen ihre Rollen sehr gut dar. Willy Loman wird ab diesem Abend vom eingesprungenen Georg Zeies gespielt, der zwar in der zweiten Hälfte ab und zu zum Textbuch greifen muss, aber ansonsten die Rolle hervorragend meistert.

Allerdings ist die Inszenierung sehr konzentrationsfordernd, da man vor allem am Anfang nicht weiß, was eigentlich auf der Bühne vor sich geht. So ist zum Beispiel eine Unterhaltung zwischen Willy und seiner Frau etwas merkwürdig, da zunächst nicht klar wird, über was sie eigentlich sprechen. Außerdem ist die Handlung teilweise schleppend und die Pausen zwischen den Dialogen sind ein bisschen verwirrend. Trotzdem ist das Stück zu empfehlen, denn es regt sehr zum Nachdenken über die Werte der Gesellschaft an. Man sollte sich allerdings darauf vorbereiten, dass am Anfang ein ohrenbetäubender Lärm zu hören ist, etwa so wie man sich die Landung eines Ufos vorstellt.


Besuchte Vorstellung: 20. März 2016 
Letzte Vorstellung: 16. April 2016

Weitere Informationen zum Stück auf der Seite des Mainfranken Theaters.



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