"Eintritt nur für Verrückte"

Uraufführung: Der Steppenwolf im Großen Haus

Harry Haller und der Steppenwolf sind von Hermine fasziniert. (Foto: Falk von Traubenberg)






















Mit viel Gesellschaftskritik kommt Viktor Åslunds Vertonung des Romans Der Steppenwolf von Hermann Hesse daher. Am Samstag fand die Uraufführung der ersten Oper des schwedischen Komponisten statt. Die aufwändige Inszenierung von Anna Vita wurde im Großen Haus des Mainfranken Theaters mit stehenden Ovationen gefeiert.

Eine Kritik von Alina Halbritter

Der Zwiespalt des Menschen ist ein häufig auftauchendes Motiv in der Welt der Kunst. Nicht nur Goethes Faust oder Stevensons Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde beschäftigen sich damit. Auch im Steppenwolf von Hermann Hesse ist die innere Zerrissenheit des Protagonisten Harry Haller die zentrale Thematik. Vertont durch den schwedischen Komponisten Viktor Åslund wird es zu einem gewaltigen Musiktheater, das sich nur schwer in eine Kategorie einordnen lässt.

Foto: Falk von Traubenberg
Harry Haller (Daniel Fiolka) liegt krank im Bett. Er will nichts mehr essen und hat keine Lust mehr auf sein biederes kleinbürgerliches Leben mit all den Regeln und Pflichten. In ihm lauert ein weiterer Wesenszug: der Steppenwolf (Bryan Boyce). Einsam, wild und voller Abneigung gegen gesellschaftliche Konventionen und den langweiligen Alltagstrott, Harrys düsterer Begleiter. Als er sich auf den Weg macht, sich selbst und ein erfüllteres Leben zu finden, stößt er auf das magische Theater „nur für Verrückte“ und trifft Hermine (Silke Evers), die ihm die Welt des Jazz, des Tanzes und des Spaßes näher bringen will und dabei nicht immer moralisch bleibt.

Raffiniert wird der zweite Wesenszug Harrrys, der Steppenwolf durch eine Figur dargestellt, die ihm nicht von der Seite weicht. Diese Idee und die Textfassung stammen von Rainer Lewandowski, der zu dem Roman das Libretto verfasste.

Man kann der Handlung sehr gut folgen, auch wenn man sich vorher nicht mit ihr auseinandergesetzt hat. Um die Verständlichkeit zu steigern, wird der komplette Text per Beamer an den oberen Bühnenrand geworfen. Da die Musik so komponiert ist, dass man alle Passagen jederzeit verstehen kann, wäre das nicht nötig gewesen.

Neben dem Opernchor, den Solisten und dem Philharmonischen Orchester Würzburg unter der Leitung von Sebastian Beckedorf im Orchestergraben agiert auch eine Jazzcombo auf der Bühne. Durch diesen einzigartigen Kontrast schafft es Viktor Åslund, die Zerrissenheit des Protagonisten Harry Haller durch die Musik darzustellen. Gerade der Widerstand des Steppenwolfes gegen die gesellschaftlichen Konventionen wird durch den Bruch des klassischen Opernstils durch elektronische und neuartige Elemente betont.

Foto: Falk von Traubenberg
Geprägt ist die Inszenierung auch von Ballettelementen. Das hängt sicherlich damit zusammen, dass die Regisseurin Anna Vita selbst Ballettdirektorin und Choreografin am Theater ist. Leichtfüßig und unschuldig tanzt die Ballettcompagnie durch die Inszenierung und bildet einen starken Kontrast zu der wilden, durchtriebenen Figur des Wolfes.

Durch zahlreiche raffinierte Schwebeelemente, Drehbühne, Tücher und vieles mehr, holt das aufwändige Bühnenbild von Verena Hemmerlein den Zuschauer direkt ab und entführt ihn in die fantasievolle, kunstvolle Welt des magischen Theaters. Die Kostüme sind dem Charme der 20er-Jahre nachempfunden.
Mit stehenden Ovationen bejubelte das Publikum die Aufführung, die auf alle Fälle etwas Eigenes darstellt. Mit ein paar langatmigen Passagen ist Der Steppenwolf von Viktor Åslund nicht für jedermann geeignet, aber sicherlich eine besondere Art von Musiktheater, die man nicht überall erleben kann.


Weitere Aufführungen:
Heute, 11. Mai | 19.30 Uhr
21. und 31. Mai, 2., 15., und 17. Juni und 1. Juli | jeweils um 19.30 Uhr


Mehr Informationen zum Stück auf der Seite des Mainfranken Theaters.

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