Zwischen Verhüllung und Enthüllung

Premiere: Scheherazade im Großen Haus
Der Sultan (Mihael Belilov) lauscht den Erzählungen von Scheherazade (Kaori Morito).   Foto: Gabriela Knoch


Der Tanzabend Scheherazade geht eine Verbindung von klassischer Schlichtheit und aufrüttelnder Modernität ein. Ballettdirektorin Anna Vita schafft es, aktuelle Probleme in der Kunst aufzugreifen, ohne die Ästhetik und das Feingefühl auf der Strecke zu lassen. 
Am Samstag feierte Scheherazade am Mainfranken Theater Würzburg Premiere.  

Eine Kritik von Josephine Neubert

In Zeiten der angespannten Verhältnisse zwischen fremden Religionen und Völkern versteht Anna Vita das Aufgreifen dieser Thematik als politische Aufgabe des Theaters. Die ambivalenten Gefühle zwischen Orient und Abendland zeichnen sich seit den Kreuzzügen bis heute ab. Doch die Handlung von Scheherazade entwickelt friedliches, hoffnungsvolles Gedankengut für die Zukunft und Begeisterung für fremde Kulturen.

Sultan Schahrayar, wird von seiner Gemahlin provoziert und betrogen. Sie widersetzt sich dem Gebot des verhüllten Körpers und betrügt den Herrscher mit einem Sklaven. Daraufhin rächt sich der Sultan am weiblichen Geschlecht. Auf Heirat mit schönen Frauen, soll nun ewig ihr Tod am nächsten Morgen folgen. Doch die humanistische Lichtgestalt Scheherazade, getanzt von Kaori Morito, verwickelt den Sultan in eine fantasiegeladene Liebesreise durch Tausendundeine Nacht.
Sie gewinnt ihn mit feinfühligem Sinn für sich und macht ihn auf die großen Probleme der Zeit aufmerksam: Müll, Zerstörung, Flucht. Gefühl und Gewalt gehen hier impulsiv Hand in Hand.

Die Kostüme der Inszenierung stellen Kontraste zwischen zarten Meeresgestalten und groben Müllmännern her, zeigen viel Haut und behalten trotzdem an ästhetischem Wert. Die Bewegungen sind ebenfalls eine Verknüpfung aus grob und fein und gehen in Verbindung mit der Musik von Nikolai Rimski-Korsakow ein berührendes Zusammenspiel ein. Sein märchenhaftes Werk aus dem Jahr 1888 liegt in der sehr guten musikalischen Leitung von Sebastian Beckedorf, die mit ihrer Zurückgenommenheit den Sinn für den Tanz öffnet. Dazu tragen auch die Bühne von Sandra Dehler und das Licht von Roger Vanoni bei: Mit weichem Lichteinsatz und ausgefallenen Farbspielen aus türkis und rosa wird die dezente Bühne phantasievoll beleuchtet. Mit Stoff als zentralem Element schafft es Sandra Dehler die zarte Stimmung zu transportieren und gleichzeitig Enthüllung zu charakterisieren.

Anna Vita verbindet den politischen Puls der Zeit mit träumerischem Ballett. Geschickt oder
nicht – die intermediale Verknüpfung mit Projektionen, braucht die Inszenierung nicht, doch die ausgezeichnete Leistung der Tänzer lässt alle Kritik am aufbrausenden Stoff vergessen. Besonders herausragend: der erotische Betrug von Camilla Matteucci und Leonam Santos. Bravo! 

Weitere Vorstellungen: 26., 29. und 31. Januar, 6., 10., 13., 18., 21. und 24. Februar,
13., 24. und 28. März | 19.30 Uhr,
28. Februar | 15 Uhr


Das meint Karin zu Anna Vitas Scheherazade:

Mehr Infos zum Stück auf der Seite des Mainfranken Theaters.

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