Ein Traum aus Schaum: Das Bühnenbild von Momme Röhrbein. (Foto: Nico Manger) |
Moderne Inszenierung von Nikolai Gogols Komödie von 1836,
die gesellschaftliche Missstände in einer russischen Kleinstadt anprangert. Das
Publikum am 28. Oktober im Mainfranken Theater amüsiert sich gut, aber teilweise ist die lächerliche Darstellung der
Charaktere zu überzogen. Die Inszenierung erscheint dann hohl, statt Kritik an
Habgier und Korruptionsbereitschaft zu offenbaren.
Eine Kritik von Kerstin Schorpp
Ein Mann erscheint in Badeshorts, pult sich Flusen aus dem
Bauchnabel, setzt seine pinke Pornobrille auf und lässt sich im Liegestuhl
neben dem Ghettoblaster nieder. Umgeben von Badeschaum wedelt er nun gönnerhaft
mit ein paar Geldscheinen und pafft eine dicke Zigarre. Es ist der
Stadthauptmann (Georg Zeies) einer kleinen russischen Stadt.
Er tyrannisiert die einfachen Bürger und seine Marionetten
Dobtschinsky und Bobtschinsky stehen ihm dabei treudoof zur Seite. Seine
Ehefrau Anna (Petra Hartung) und seine Tochter Marja (Theresa Palfi) träumen
von der Großstadt Moskau, aber sorgen sich sonst nur um ihr Styling. Als die
Nachricht eintrifft, dass bald ein Revisor aus Moskau in die Provinzstadt
kommen wird, um nach dem Rechten zu sehen, wollen sich natürlich alle von ihrer
besten Seite präsentieren.
Chlestakow (Daniel Ratthei) ist derweil zusammen mit Ossip,
seinem Diener, auf der Durchreise nach Sankt Petersburg aus Geldmangel im
besagten Städtchen gestrandet. Durch eine Verwechslung wird er für den
angekündigten Revisor aus Moskau gehalten. Ossip mutiert kurzerhand zu dessen
„Creative Assistant“. Die anfängliche Befangenheit ist schnell überwunden und
Chlestakow lässt sich bald alle Privilegien zukommen, für die er seine
wohlhabenderen Mitmenschen einst verachtet hat. Das Stück überspitzt die
Verhaltensweisen der vermeintlichen Obrigkeiten und offenbart darin seine
Gesellschaftskritik. Manchmal überlegt der Zuschauer allerdings, ob es noch
lustig ist, oder einfach schon too much.
Der Grat zwischen herzhaften Lachern und peinlicher
Berührung ist in dieser Inszenierung schmal.
Chlestakow bereichert sich fortan mindestens genauso korrupt
an seinem Umfeld wie der Stadthauptmann, bis er durch einen Zufall auffliegt.
Der Traum vom schönen Leben entpuppt sich am Ende eben doch als Traum aus
Schaum. Und zwar für alle Beteiligten, denn als das Chaos seinen Höhepunkt
erreicht, trifft auch noch der echte Revisor ein! In diesem Zusammenhang ist
das geniale Bühnenbild von Momme Röhrbein zu erwähnen: Er hat die Bühne in ein
riesiges Schaumbad verwandelt, ein sehr passendes Detail dieses Milieus, in dem
der Schein mehr zählt, als das Sein.
Auch hinsichtlich des Kleidungsstils lässt die Inszenierung
von Stephan Suschke keinen russischen Stereotyp aus: Die Damen kleiden sich im
Leopardenlook mit hochhackigen Stiefeln oder alternativ im glitzernden
Minikleid. Mit knalligen Farben hat Kostümbildnerin Angelika Rieck auch nicht
gespart. Die Herren mit langen Haaren und Bart, im weißen Anzug, Hauptsache
schmierig. Doch gerade diese stereotype Darstellung macht das Stück
wiederum lustig.
Aber auch mit der Lächerlichkeit kann man es übertreiben:
Die Ohnmachtsanfälle häuften sich zum Ende der Aufführung dann doch zu
sehr. Das mag zwar amüsant sein, aber in
Szenen wie dieser wäre etwas mehr Tiefgang und weniger Blingbling wünschenswert gewesen, um das Stück in seiner
moralischen Aussage noch ernst nehmen zu können.
Besuchte Vorstellung: 28. Oktober 2015
Es sind keine weiteren Termine geplant.
Karin Nikolaus hat sich ebenfalls den Revisor angesehen:
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen